Donnerstag, 10. Februar 2011

Die "Gorch Fock"-Tote war doch nicht zu dick


Die Offiziersanwärterin Sarah Lena S., die auf der «Gorch Fock» zu Tode stürzte, sei zu dick gewesen. Alles Lüge, sagt ihre Mutter, eine Erklärung für die Falschmeldung kommt nun aus Marinekreisen.

Anfang Woche wurde behauptet, dass die am 7. November vergangenen Jahres auf dem Segelschulschiff «Gorch Fock» tödlich verunglückten Seekadettin Sarah Lena S. eigentlich zu dick gewesen sei, um in die Takelage zu klettern. Sie war im brasilianischen Hafen von Salvador da Bahia aus 27 Metern Höhe auf das Deck des Segelschiffes gestürzt.


Formaldehyd

Der Name Formaldehyd leitet sich vom lateinischen Namen für Ameise ab, von «formica». Denn das Aldehyd kann durch Oxidation in Ameisensäure überführt werden. Formaldehyd ist als «krebserregend für den Menschen» eingestuft, kommt aber in Säugetierzellen beim normalen Stoffwechsel als Zwischenprodukt vor.
Formaldehyd kann benutzt werden, um Leichen zu konservieren. Dafür wird eine vier- bis achtprozentige wässrige Lösung verwendet, die als Formalin bezeichnet wird. Wegen der Gesundheitsgefahr wird heute aber meist auf andere Konservierungsmittel wie Ethanol zurückgegriffen, der im allgemeinen Sprachgebrauch Alkohol heißt.
Formaldehyd verkettet die Eiweißmoleküle eines Körpers miteinander. Dadurch wird nicht nur die Leiche konserviert. Auch den Körper zerstörende Bakterien werden dadurch abgetötet.

dapd
 
Die Mutter der 25-jährigen Soldatin hatte immer wieder behauptet, ihre Tochter habe vor Dienstantritt auf keinen Fall mehr als 60 Kilo gewogen. Diese Behauptung wird nun aus Marinekreisen gestützt. Die Nachrichtenagentur dapd erfuhr demnach, dass die Leiche von Sarah Lena im Krankenhaus der Hafenstadt mit 20 Kilo Formaldehyd (siehe Info-Box) versehen wurde. Damit werden Leichen präpariert.
Diese Präparierung hätten die brasilianischen Ärzte vorgenommen, um die Leiche für den Flug in die Heimat transportfähig zu machen. Das Flugzeug habe über keine Tiefkühleinrichtung verfügt, war zu erfahren.
Marineinspektor Axel Schimpf hatte am Mittwoch im Verteidigungsausschuss erklärt, er wisse nicht, wie die Meldungen zustande gekommen seien, wonach die Kadettin bei einer Grösse von 1,58 Meter 83 Kilo wog, somit übergewichtig war und deswegen dienstuntauglich für den Dienst auf der «Gorch Fock» war.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte zu den neuen Erkenntnissen keine Stellung nehmen. Auf Anfrage erklärte er lediglich, dass alle vorhandenen Dokumente für den Unglücksfall der Staatsanwaltschaft in Kiel übergeben worden seien. Zu den laufenden Ermittlungen erteile das Verteidigungsministerium keine Auskunft.

«Topfit und sportlich»
Auch der Anwalt der Mutter von Sarah Lena, Thomas Kock, unterstrich, die junge Frau habe entgegen anderslautenden Medienberichten nicht 83, sondern höchstens 60 Kilo gewogen. Woher die Gewichtsangabe komme, sei ihm unklar. Die Mutter betonte, ihre Tochter sei noch eine Woche vor dem Unglück bei ihr in Bodenwerder gewesen. Dabei hätte ihr auffallen müssen, wenn Sarah so deutlich zugenommen hätte. «Sie war ganz normal bei ihrem Besuch. Sarah war topfit und sportlich. Sie hat immer nur um die 55 bis 58 Kilo gewogen», unterstrich die Mutter in der «Deister- und Weserzeitung».
Gegenwärtig befindet sich die «Gorch Fock» auf dem Heimweg. Sie soll Ende April oder Anfang Mai in Kiel einlaufen. Laut einem Bericht der «Rheinischen Post» muss das Verteidigungsministerium den suspendierten Kommandanten Norbert Schatz wahrscheinlich wieder an Bord der Dreimast-Bark einsetzen. Erste Befragungen der Besatzung und ehemaligen Offiziersanwärter hätten «keine Anzeichen für ein disziplinarrechtliches Fehlverhalten» ergeben, habe ein Mitglied der Untersuchungskommission erklärt.

Die Sozialdemokraten hatten sich «entsetzt» darüber gezeigt, dass drei Monate nach dem tragischen Tod der Soldatin auf dem Segler die Umstände des Unglücks noch immer nicht geklärt sind. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, warf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der «Bild»-Zeitung vom Mittwoch vor, er habe seinen «Laden einfach nicht im Griff». (dapd)

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